In einem Beschluss vom 28. Juli 2016 hat sich das Bundesarbeitsgericht mit der Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung beschäftigt.
Kündigung für Chefarzt im katholischen Krankenhaus
Die Ausgangslage des Rechtsstreits bildete die Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses durch die Beklagte als Trägerin des Krankenhauses. Der Kläger war seit dem Jahre 2000 in dem Krankenhaus angestellt.
Der Anstellung lag die Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22. September 1993 (GrO) zu Grunde. Artikel 5 dieser Verordnung regelt das Vorgehen, wenn ein Mitarbeiter den Anforderungen der katholischen Grundordnung nicht genügt. Zu einem solchen Mangel gehört unter anderem das Eingehen einer – nach Verständnis der katholischen Kirche – ungültigen Ehe. Ein solches sei ein schwerer Loyalitätsverstoß und könne gemäß Artikel 5 II GrO eine Kündigung nach sich ziehen. Unvermeidlich sei eine Kündigung gemäß Artikel 5 III GrO, wenn der schwere Loyalitätsverstoß von einer Person in einer leitenden Position begangen werde und keine schwerwiegenden Gründe des Einzelfalles eine Kündigung verhindern.
Exkurs: Ungültige Ehe in der katholischen Kirche
Nach katholischem Rechtsverständnis ist eine Ehe dann ungültig, wenn der Eheschließende noch durch eine frühere Ehe gebunden ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn die frühere Ehe aufgelöst, also geschieden worden ist.
Wiederverheiratung nach Scheidung
Nachdem der Kläger sich von seiner ersten Ehefrau im Jahr 2008 hat scheiden lassen, heiratete er ein zweites Mal standesamtlich. Diese zweite Heirat ist nach geltendem Recht der katholischen Kirche ungültig. Die Beklagte erlangte Kenntnis von diesem Vorgang und kündigte dem Chefarzt ordentlich mit Schreiben vom 30. März 2009. Sie stütze ihre Argumentation auf die oben genannten Artikel der GrO. Der Kläger wehrte sich gegen die Kündigung mit dem Hinweis, dass derselbe Tatbestand bei evangelischen Chefärzten ohne Folgen bliebe.
Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vom 08.09.2011
Nachdem das Arbeitsgericht, sowie das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben hatten, gelangte die Sache zum BAG. Dieses bewertete die Kündigung grundsätzlich zwar als im Einklang mit der dem Selbstbestimmungsgrundsatz der Beklagten unterliegenden GrO und somit als gerechtfertigt.
Allerdings sei die differenzierte Anwendung des Ethos der katholischen Kirche insofern inkonsequent, dass auch nichtkatholische Angestellte in leitenden Positionen besetzt seien und diese dem Loyalitätsgrundsatz in anderem Maße unterliegen würden als katholische.
Des Weiteren sei das nichteheliche Zusammenleben des Klägers mit seiner neuen Partnerin bekannt und toleriert gewesen, obwohl auch dieses gegen das katholische Ethos verstoße. In Konsequenz sei eine Weiterbeschäftigung zumutbar und die Kündigung mithin sozial ungerechtfertigt.
Ersuchen des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH)
Das Urteil des BAG wurde durch Beschluss vom 22. Oktober 2014 wegen einer Grundrechtsverletzung der Religionsfreiheit nach Art. 4 I und II GG in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 III der Weimarer Reichsverfassung vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und an das BAG zurückverwiesen.
Nun, am 28.07.2016, hat der BAG die Sache an den EuGH weitergeleitet mit Bitte um eine Klärung der Frage, ob nach Unionsrecht, im Einzelnen nach Art. 4 II b der Richtlinie 2000/78/EG, eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern abhängig von ihrer Religionsangehörigkeit gerechtfertigt ist, oder nicht. Weitere Informationen vom erfahrenen Rechtsanwalt für kirchliches Arbeitsrecht.
Quelle: BAG, Beschluss vom 28. Juli 2016 – 2 AZR 746/14 (A) –, Pressemitteilung Nr. 39/16