Etwas mehr als jeder zweite Arbeitnehmer bekommt – meist mit dem Novembergehalt – von seinem Arbeitgeber Weihnachtsgeld. Immer wieder kommt es zu Fragen rund um diese Sonderzahlung.
Vor diesem Hintergrund wollen wir im Folgenden einige wichtige Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes darstellen und die daraus zu ziehenden rechtlichen Folgerungen anhand von uns häufig gestellten Fragen skizzieren. Wir hoffen, Ihnen hiermit einen guten Überblick rund um das Thema Weihnachtsgeld zu geben.
Dient eine Sonderzuwendung nicht der Vergütung geleisteter Arbeit und knüpft sie nur an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an, stellt es keine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB dar, wenn der ungekündigte Bestand des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungstag als Anspruchsvoraussetzung bestimmt wird.
In diesem Urteil hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Anspruch auf das Weihnachtsgeld grundsätzlich vom ungekündigten Bestehen des Arbeitsverhältnisses zum Auszahlungszeitpunkt abhängig gemacht werden kann. Entscheidend ist allerdings der Zweck der Zahlung und damit die Rechtsnatur des Weihnachtsgeldes. Knüpft die Zahlung ausschließlich an den Bestand des Arbeitsverhältnisses an (Belohnungscharakter), dann kann die Auszahlung vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängig gemacht werden. Anders ist dies aber, wenn die Zahlung des Weihnachtsgeldes (zumindest auch) Entgeltcharakter hat.
Eine Sonderzahlung die auch Gegenleistung für im gesamten Kalenderjahr erbrachte Arbeit darstellt, kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am 31. Dezember des betreffenden Jahres abhängig gemacht werden.
Hier hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Weihnachtgelder mit Mischcharakter, die jedenfalls auch Vergütung für bereits erbrachte Arbeitsleistung sind, in Formulararbeitsverträgen (dies ist mit Allgemeinen Geschäftsbedingungen gemeint) nicht vom ungekündigten Bestand des Arbeitsverhältnisses zu einem Stichtag abhängig gemacht werden können. Dies würde dem Prinzip von Leistung und Gegenleistung widersprechen. Die Arbeit wurde ja bereits geleistet, dementsprechend ist sie auch zu bezahlen.
Die zulässige Bindungsdauer, die durch die Pflicht zur Rückzahlung einer Gratifikation für den Fall des Ausscheidens aus dem Betrieb erreicht werden kann, richtet sich nach der Höhe und dem Zeitpunkt der vereinbarten Fälligkeit der Leistung. Dies gilt auch dann, wenn eine als einheitlich bezeichnete Leistung in zwei Teilbeträgen zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig wird.
Hier hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Arbeitnehmer bei einem Weihnachtsgeld von mehr als 100 € bis zur Höhe eines Bruttomonatsgehaltes bis zum 31.03. des Folgejahres gebunden werden können. Bei höheren Beträgen sind auch längere Bindungsdauern möglich (s.u.).
1. Eine tarifliche Regelung, die die Kürzung des Weihnachtsgeldes um DM 1000 einheitlich für Voll- und Teilzeitbeschäftigte vorsieht, führt zu einer Benachteiligung der Teilzeitbeschäftigen, weil der auf diese Weise errechnete Betrag unter der Summe liegt, die dem Anteil der Teilzeitarbeit im Verhältnis zur Vollzeitarbeit entspricht.
Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichtes führt dieser Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot zur Unwirksamkeit der tariflichen Berechnungsweise und damit zur Wiederherstellung der tariflichen Grundregelung, wonach Teilzeitbeschäftigte einen Anspruch auf ein Weihnachtsgeld haben, dass sich nach dem Verhältnis zur tariflichen Arbeitszeit eines entsprechenden Vollzeitbeschäftigten bemisst.
Bei einer Verknüpfung von Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsvorbehalt in einem Arbeitsvertrag wird für den Arbeitnehmer nicht hinreichend deutlich, dass trotz mehrfacher, ohne weitere Vorbehalte erfolgender Sonderzahlungen, ein Rechtsbindungswille für die Zukunft ausgeschlossen bleiben soll.
Hier hatte sich der Arbeitgeber quasi doppelt abgesichert und sowohl einen Freiwilligkeitsvorbehalt als auch einen Widerrufsvorbehalt vereinbart. Er hatte eine Klausel aufgenommen, die wie folgt lautete:
„Soweit der Arbeitgeber gesetzlich oder durch Tarifvertrag nicht vorgeschriebene Leistungen, wie Prämien, Zulagen, Urlaubsgeld, Gratifikationen, Weihnachtsgratifikationen gewährt, erfolgen sie freiwillig und ohne weitere Verpflichtungen. Sie sind daher ohne Wahrung einer besonderen Frist widerrufbar.“
Da sich jedoch Freiwilligkeitsvorbehalt und Widerrufsvorbehalt gegenseitig ausschließen, kann nicht beides gleichzeitig vereinbart werden. Bei einem Freiwilligkeitsvorbehalt teilt der Arbeitgeber mit, dass er für die Zukunft keine Verpflichtung eingehen will. Dies wäre grundsätzlich möglich (siehe unten).
Der Widerrufsvorbehalt hingegen beinhaltet die Regelung, dass grundsätzlich ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Zahlung von Weihnachtsgeld besteht, diese Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung des Weihnachtsgeldes jedoch in der Zukunft widerruflich ist. Auch dies wäre grundsätzlich möglich (siehe unten).
Aus der Verwendung beider Vorbehalte jedoch ist für den Arbeitnehmer nicht ersichtlich, ob denn eigentlich ein Weihnachtsgeldanspruch besteht oder nicht. Die Klausel ist daher nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts intransparent und damit insgesamt unwirksam.
Hier hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Anspruch auf das Weihnachtsgeld besteht, wenn der Arbeitgeber eine bestimmte Arbeitnehmergruppe von der Zahlung des Weihnachtsgeldes ohne sachlichen Grund ausnimmt (allgemeiner Gleichbehandlungsgrundsatz).
FAQ zum Weihnachtsgeld
Aus den vorgenannten Entscheidungen lassen sich Rechtsgrundsätze herleiten und die meisten typischen Fragen rund um das Weihnachtsgeld beantworten.
Das meist im November ausgezahlte Weihnachtsgeld ist eine Sonderzahlung, die zusätzlich zum Gehalt gezahlt wird. Es handelt sich um eine sogenannte Gratifikation, welche aufgrund des anstehenden Weihnachtsfestes gezahlt wird. Vergleichbar ist das Weihnachtsgeld mit dem Urlaubsgeld, welches meist im Mai aufgrund der anstehenden Sommerferien vom Arbeitgeber gezahlt wird. Bei beiden Sonderzahlungen handelt es sich um Arbeitsentgelt, sodass hierauf jeweils Sozialversicherungsbeiträge und Steuern anfallen.
Einen Anspruch auf Weihnachtsgeld gibt es grundsätzlich nur bei entsprechender Rechtsgrundlage. Dies sind häufig Vereinbarungen im Arbeitsvertrag, beispielsweise wenn ausdrücklich vereinbart ist, dass der jeweilige Arbeitnehmer zwölf Gehälter, sowie zusätzlich ein halbes Monatsgehalt als Urlaubsgeld im Mai und ein halbes Monatsgehalt Weihnachtsgeld im November ausgezahlt bekommt oder wenn ausdrücklich ein 13. Monatsgehalt gezahlt wird. Ebenso finden sich häufig Regelungen in Tarifverträgen, oder auch in Betriebsvereinbarungen.
Eine weitere – beim Weihnachtsgeld häufig anzutreffende – Rechtsgrundlage ist die sogenannte betriebliche Übung. Eine solche liegt vor, wenn der Arbeitgeber über mindestens drei Jahre Weihnachtsgeld in gleicher Höhe, oder aber nach der gleichen Berechnungsmethode gezahlt hat, ohne diese Zahlung unter den Vorbehalt der Freiwilligkeit zu stellen.
Ein Anspruch kann sich auch aus dem sogenannten arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ergeben. Wenn alle Arbeitnehmer, oder alle Arbeitnehmer einer bestimmten Arbeitnehmergruppe Weihnachtsgeld erhalten, so kann der Arbeitgeber diesen einzelnen Arbeitnehmern oder einzelnen vergleichbaren Arbeitnehmergruppen das Weihnachtsgeld nicht ohne sachlichen Grund vorenthalten.
Dies ist grundsätzlich möglich. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitnehmer nicht bereits einen Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgeldes aus dem Arbeitsvertrag, aus einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung hat. In einem solchem Fall besteht ja grundsätzlich gar keine Rechtpflicht des Arbeitgebers Weihnachtsgeld zu zahlen.
Tut er dies dennoch, so geschieht dies grundsätzlich freiwillig, also ohne Verpflichtung hierzu. In einem solchen Fall kommt dann allerdings bei mehrfacher Zahlung des Weihnachtsgeldes die sogenannte betriebliche Übung in Betracht, wonach der Arbeitnehmer wiederum einen Anspruch auf Weihnachtsgeld erwerben kann. Eine solche betriebliche Übung setzt wie dargelegt voraus, dass der Arbeitgeber über drei Jahre hinweg das Weihnachtsgeld ohne Vorbehalt der freiwilligen Zahlung gezahlt hat.
Vor diesem Hintergrund zahlen Arbeitgeber das Weihnachtsgeld häufig unter dem Vorbehalt der Freiwilligkeit. Dies ist auch vollkommen in Ordnung, da ja eigentlich gar keine Pflicht zu Zahlung besteht und der Arbeitgeber also mehr gibt, als er nach den vertraglichen Vereinbarungen eigentlich müsste. Ist jedoch einmal eine betriebliche Übung entstanden, so ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, auch im nächsten Jahr ebenfalls Weihnachtsgeld zu zahlen.
Auch dies ist bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen möglich. Im Gegensatz zum vorgenannten Freiwilligkeitsvorbehalt setzt ein Widerrufsvorbehalt jedoch voraus, dass ein Anspruch des Arbeitnehmers schon besteht und der Arbeitgeber eigentlich nicht mehr freiwillig zahlt, sich jedoch gegebenenfalls zukünftig durch einen einseitigen Widerruf dieser Pflicht wieder entledigen kann.
Hier ist stets zu prüfen, ob der Widerrufsvorbehalt, insbesondere wenn er in einem Formulararbeitsvertrag formuliert wurde, was häufig der Fall ist, den Voraussetzungen der Rechtsprechung genügt. Zunächst einmal darf er nicht an überraschender Stelle im Vertrag formuliert sein. Zudem muss er transparent formuliert sein und die Gründe für einen etwaigen Widerruf bereits benennen. Genügt der Widerrufsvorbehalt nicht den strengen Regeln der Rechtsprechung, ist er unwirksam und der Arbeitgeber bleibt trotz Widerruf zur Zahlung des Weihnachtsgeldes verpflichtet.
Dies hängt (vgl. die ersten beiden Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichtes in diesem Artikel) davon ab, zu welchem Zweck das Weihnachtsgeld gezahlt wird.
Wenn im Arbeitsvertrag beispielsweise ein Bruttojahresgehalt vereinbart wurde, welches in 13 Monatsgehältern gezahlt wird, so besteht ein reiner Entgeltcharakter. In diesem Fall sowie bei Mischformen, bei denen das Weihnachtsgeld sowohl für Betriebstreue, als auch für Vergütung für die verbrachten Dienste gezahlt wird, ist ein Anspruch des Arbeitnehmers auch bei unterjährigem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis zumindest anteilig gegeben. Denn der Arbeitnehmer hat sich das Weihnachtsgeld ja anteilig schon verdient. Scheidet er beispielsweise zum Ende Juni aus, so ist klar, dass das dreizehnte Monatsgehalt zur Hälfte bereits „erarbeitet“ wurde.
Es ist grundsätzlich zwar zulässig, das Weihnachtsgeld nur an bestimmte Gruppen von Arbeitnehmer zu zahlen, bzw. bestimmte Gruppen von der Zahlung des Weihnachtsgeldes auszunehmen. Allerdings muss stets ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung vorliegen. Ansonsten haben auch die ausgenommenen Arbeitnehmer Anspruch auf die Zahlung von Weihnachtsgeld. Bei teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmern ist dies im Benachteiligungsverbot gesetzlich verankert.
Unter bestimmten Voraussetzungen können Weihnachtsgelder auch nachträglich vom Arbeitgeber wieder zurückverlangt werden. Die Rechtsprechung hat hier jedoch feste Regeln aufgestellt. Insbesondere ist eine Rückforderung bei Weihnachtsgeldern bis zu 100 € überhaupt nicht möglich.
Bei Beträgen zwischen 100 € und einem Bruttomonatslohn ist eine Bindung des Arbeitnehmers nur bis zum 31.03. des Folgejahres bei Zahlung des Weihnachtsgeldes zum Jahresende möglich, bei Weihnachtsgeldern über einem Bruttomonatslohn kommt eine Bindung bis zum 30.06. des Folgejahres bei Zahlung des Weihnachtsgeldes zum Jahresende in Betracht.
Dies kommt darauf an. Teilweise wird ein Arbeitsverhältnis für einen bestimmten Zeitraum nicht fortgesetzt, wie beispielsweise in Elternzeit, oder bei längerer Krankheit. Ob in diesem Fall ein Anspruch auf Weihnachtsgeld besteht, entscheidet die Rechtsprechung wiederum danach, welchen Charakter die Zahlung des Weihnachtsgeldes hat.
Hat das Weihnachtsgeld reinen Entgeltcharakter, kann der Arbeitgeber die Zahlung des Arbeitgebers grundsätzlich bei längerer Arbeitsunfähigkeit kürzen. Denn bei Weihnachtsgeldzahlungen mit reinem Entgeltcharakter kann für die Sonderzahlung nichts anderes gelten, als für die reguläre monatliche Gehaltszahlung. Hat der Arbeitnehmer also teilweise nicht gearbeitet, so kann der Arbeitgeber das Weihnachtsgeld anteilig kürzen, auch wenn dies nicht gesondert vertraglich vereinbart wurde.
Erfolgt die Weihnachtsgeldzahlung jedoch alleine als Belohnung für die Betriebstreue, so ist eine Kürzung nicht zulässig, denn das Arbeitsverhältnis besteht ja als solches noch fort und der Anknüpfungspunkt für die Zahlung ist ja alleine der Bestand des Arbeitsverhältnisses.
Bei Sonderzahlungen mit Mischcharakter kann eine Kürzung grundsätzlich für das ruhende Arbeitsverhältnis vereinbart werden, allerdings besteht ohne ein solches arbeitsvertraglich oder tarifvertraglich vereinbartes Kürzungsrecht keine automatische Befugnis des Arbeitgebers zur Leistungsminderung (anders als bei Zahlungen mit reinem Entgeltcharakter).
Wir hoffen, Ihnen einen guten Überblick gegeben zu haben. Sollten Sie zum Thema Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung!
Lars Kohnen
Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Am 14.11.2016 führte RTL Aktuell nach der Veröffentlichung des Spiegel Online Artikels zum Anspruch auf Weihnachtsgeld ein Interview mit Fachanwalt Kohnen.
Der TV-Beitrag „Schöne Bescherung: Wer bekommt Weihnachtsgeld?“ kann bis zum 26.11.2016 auf RTL.de angesehen werden.
Fachanwalt Lars Kohnen im TV-Bericht von RTL Aktuell
Vor ein paar Tagen hatte ich die Gelegenheit Janko Tietz von Spiegel Online ein paar Fragen zum Thema Weihnachtsgeld zu beantworten. Das Interview „Wann muss der Arbeitgeber Weihnachtsgeld zahlen?“ ist nun auf Spiegel.de veröffentlicht.
Herzlichen Dank an Herrn Tietz für das freundliche Gespräch und viel Spaß beim Lesen. Bei Fragen bitte die Kommentarfunktion hier im Blog oder unter dem Interview nutzen.
Weitere Infos zum Weihnachtsgeld gibt es zudem im aktuellen Blogbeitrag „Alle Jahre wieder: Gibt es Ärger mit dem Weihnachtsgeld“ auf Kohnen & Krag.
Das Landesarbeitsgericht Hamm Das Landesarbeitsgericht Hamm hat in seiner Entscheidung Aufschluss darüber gegeben, ob ein Betriebsrat gemäß § 104 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) die Entfernung des Geschäftsführers einer GmbH verlangen kann.
§ 104 BetrVG besagt, dass im Falle einer wiederholten ernstlichen Störung des Betriebsfriedens durch einen Arbeitnehmer, der Betriebsrat ermächtigt ist, vom Arbeitgeber die Entlassung oder Versetzung des fraglichen Arbeitnehmers zu verlangen. Umstritten war hier insbesondere der Begriff des Arbeitnehmers und in Bezug auf diesen die Anwendung des Unionsrechts.
Der vom Gericht zu entscheidende Streit hatte die Forderung des Betriebsrates einer GmbH &Co KG an die Arbeitgeberin zum Gegenstand, den Geschäftsführer der Verwaltungs-GmbH aus dem Unternehmen zu entfernen. Der Betriebsrat stütze seine Forderung auf die ihm eingeräumten Rechte aus § 104 BetrVG. Der fragliche Geschäftsführer habe wiederholt und ernstlich den Betriebsfrieden dadurch gestört, dass er bewusst wahrheitswidrige Informationen in Personalfällen an den Betriebsrat herausgegeben habe.
Nach gescheiterten außergerichtlichen Lösungsversuchen hat der Betriebsrat die Forderung an die Arbeitgeberin ausgesprochen. Diese lehnte die Forderung mit dem Hinweis darauf ab, der Geschäftsführer sei kein Arbeitnehmer im Sinne des § 104 BetrVG, daher habe der Betriebsrat keine Befugnis, eine Entlassung zu fordern. Streitentscheidend war hierbei die Definition des betriebsstörenden Arbeitnehmers.
Nachdem das Arbeitsgericht Bochum in erster Instanz bereits entschieden hatte, der Geschäftsführer sei als Organvertreter der GmbH kein Arbeitnehmer im Sinne des § 104 BetrVG und die Norm damit nicht anwendbar, legte der Kläger Beschwerde ein und die Entscheidung lag beim LArbG Hamm.
Der Kläger brachte vor, dass auf den Schutzzweck des § 104 BetrVG abgestellt werden und der Begriff des Arbeitnehmers daher weiter gefasst werden müsse. Dies würde auch durch das Unionsrecht gestützt, welches auch Organvertreter, die vom nationalen Recht von den Arbeitnehmern ausgeschlossen werden, also solche definiere.
Das LArbG Hamm stellte zunächst fest, dass nach nationalem Recht ein Geschäftsführer einer GmbH als Organmitglied zur gesetzlichen Vertretung einer juristischen Person berufen und kein Arbeitnehmer im Sinne des BetrVG sei. Dies sei schon im § 5 II Nr. 1 BetrVG explizit so benannt. Der Gesetzestext lautet:
Als Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes gelten nicht: in Betrieben einer juristischen Person die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist.
Es gebe hier wegen des eindeutigen Wortlauts keinen Raum für eine weite Auslegung nach dem Schutzzweck.
Des Weiteren legte das Gericht dar, dass in diesem Falle das Unionsrecht nicht anwendbar sei. Dieses habe zwar in mehreren Entscheidungen auch Mitglieder von Organvertretern juristischer Personen als Arbeitnehmer definiert, könne aber nur dann in das nationale Recht durchgreifen, wenn die fragliche Rechtsvorschrift eine solche ist, die in Ausfüllung der erlassenen europäischen Richtlinien ergangen ist.
Dies sei bei § 104 BetrVG nicht der Fall. In Konsequenz wies das LArbG die Beschwerde zurück.
Nach geltendem deutschen Recht ist ein Geschäftsführer einer GmbH als Organmitglied zur Vertretung der GmbH berufen und gemäß § 5 II Nr. 1 BetrVG kein Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes. Daher kann seine Entlassung nicht vom Betriebsrat gefordert werden.
Quelle: Landesarbeitsgericht Hamm, Entscheidung vom 02.08.2016, 7 TaBV 11/16
In einem Beschluss vom 28. Juli 2016 hat sich das Bundesarbeitsgericht mit der Kündigung des Chefarztes eines katholischen Krankenhauses wegen Wiederverheiratung beschäftigt.
Die Ausgangslage des Rechtsstreits bildete die Kündigung eines Chefarztes eines katholischen Krankenhauses durch die Beklagte als Trägerin des Krankenhauses. Der Kläger war seit dem Jahre 2000 in dem Krankenhaus angestellt.
Der Anstellung lag die Grundordnung des kirchlichen Dienstes vom 22. September 1993 (GrO) zu Grunde. Artikel 5 dieser Verordnung regelt das Vorgehen, wenn ein Mitarbeiter den Anforderungen der katholischen Grundordnung nicht genügt. Zu einem solchen Mangel gehört unter anderem das Eingehen einer – nach Verständnis der katholischen Kirche – ungültigen Ehe. Ein solches sei ein schwerer Loyalitätsverstoß und könne gemäß Artikel 5 II GrO eine Kündigung nach sich ziehen. Unvermeidlich sei eine Kündigung gemäß Artikel 5 III GrO, wenn der schwere Loyalitätsverstoß von einer Person in einer leitenden Position begangen werde und keine schwerwiegenden Gründe des Einzelfalles eine Kündigung verhindern.
Nach katholischem Rechtsverständnis ist eine Ehe dann ungültig, wenn der Eheschließende noch durch eine frühere Ehe gebunden ist. Dies ist auch dann der Fall, wenn die frühere Ehe aufgelöst, also geschieden worden ist.
Nachdem der Kläger sich von seiner ersten Ehefrau im Jahr 2008 hat scheiden lassen, heiratete er ein zweites Mal standesamtlich. Diese zweite Heirat ist nach geltendem Recht der katholischen Kirche ungültig. Die Beklagte erlangte Kenntnis von diesem Vorgang und kündigte dem Chefarzt ordentlich mit Schreiben vom 30. März 2009. Sie stütze ihre Argumentation auf die oben genannten Artikel der GrO. Der Kläger wehrte sich gegen die Kündigung mit dem Hinweis, dass derselbe Tatbestand bei evangelischen Chefärzten ohne Folgen bliebe.
Nachdem das Arbeitsgericht, sowie das Landesarbeitsgericht der Klage stattgegeben hatten, gelangte die Sache zum BAG. Dieses bewertete die Kündigung grundsätzlich zwar als im Einklang mit der dem Selbstbestimmungsgrundsatz der Beklagten unterliegenden GrO und somit als gerechtfertigt.
Allerdings sei die differenzierte Anwendung des Ethos der katholischen Kirche insofern inkonsequent, dass auch nichtkatholische Angestellte in leitenden Positionen besetzt seien und diese dem Loyalitätsgrundsatz in anderem Maße unterliegen würden als katholische.
Des Weiteren sei das nichteheliche Zusammenleben des Klägers mit seiner neuen Partnerin bekannt und toleriert gewesen, obwohl auch dieses gegen das katholische Ethos verstoße. In Konsequenz sei eine Weiterbeschäftigung zumutbar und die Kündigung mithin sozial ungerechtfertigt.
Das Urteil des BAG wurde durch Beschluss vom 22. Oktober 2014 wegen einer Grundrechtsverletzung der Religionsfreiheit nach Art. 4 I und II GG in Verbindung mit Art. 140 GG und Art. 137 III der Weimarer Reichsverfassung vom Bundesverfassungsgericht aufgehoben und an das BAG zurückverwiesen.
Nun, am 28.07.2016, hat der BAG die Sache an den EuGH weitergeleitet mit Bitte um eine Klärung der Frage, ob nach Unionsrecht, im Einzelnen nach Art. 4 II b der Richtlinie 2000/78/EG, eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern abhängig von ihrer Religionsangehörigkeit gerechtfertigt ist, oder nicht. Weitere Informationen zum kirchlichen Arbeitsrecht von Fachanwalt Kohnen.
Quelle: BAG, Beschluss vom 28. Juli 2016 – 2 AZR 746/14 (A) –, Pressemitteilung Nr. 39/16
Mit Urteil vom 24.08.2016 bejahte das Bundesarbeitsgericht rückwirkend den Anspruch einer Klägerin auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Diese war vom 15.07.2013 – bis zum 15.12.2013 als Pflegehilfskraft bei dem Beklagten, dem Betreiber eines ambulanten Pflegedienstes, angestellt.
Diesem Arbeitsverhältnis lag ein Arbeitsvertrag zugrunde, welcher eine als Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) verfasste Ausschlussfrist enthielt, nach welcher sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, sowie Ansprüche, die mit diesem in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie ab Fälligkeit nicht innerhalb von drei Monaten zunächst gegenüber dem Anspruchsgegner schriftlich geltend gemacht und – im Falle ihrer Ablehnung oder einer Nichtäußerung des Anspruchsgegners – auch gerichtlich geltend gemacht werden. Dies ist eine sogenannten zweistufige Ausschlussfrist. Näheres entnehmen Sie bitte meinem allgemeinen Artikel zu Ausschlussfristen.
Die Klägerin war vom 19.11.2013 bis einschließlich zum 15.12.2013 arbeitsunfähig krankgeschrieben. Die ihr für diesen Zeitraum eigentlich zustehende Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall wollte der Beklagte nicht entrichten, da er an der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin zweifelte. Diese versuchte ihren Anspruch schließlich – jedoch nach Ablauf der im Arbeitsvertrag genannten Frist – gerichtlich geltend zu machen, woraufhin der Beklagte sich darauf gestützt hatte, dass der Anspruch der Klägerin jedenfalls verfallen sei.
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt, die Berufung des Beklagten wurde zurückgewiesen und auch die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht blieb schließlich erfolglos.
Als Begründung führte das Bundesarbeitsgericht an, dass eine allgemeine Verfallsklausel, die also sämtliche Ansprüche, so auch den nach § 2 PflegeArbbV bestehenden Anspruch auf Mindestentgelt in der Pflege ausdrücklich ausschließt, gegen § 9 S. 3 AEntG i.V.m. § 13 AEntG verstoße und somit unwirksam sei. Nach diesen Normen ist ein Ausschluss des Mindestentgelts über AGB nicht möglich.
Einen solchen Ausschluss hatte der Beklagte hier jedoch in der allgemeinen Verfallsfrist mit angelegt, bzw. war er zumindest nicht ausdrücklich vom Verfall der Ansprüche ausgenommen. Somit bestand der Anspruch der Klägerin auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall hier weiterhin, er unterlag keiner (wirksamen) Ausschlussfrist. Die Mindestlohnansprüche konnte die Klausel gar nicht verfallen lassen (s.o.). Was weitere von der allgemeinem Ausschlussklausel erfasste Ansprüche anbelangt, also vorliegend die auf Entgeltfortzahlung, die die Zahlung des Mindestentgelts nicht betreffen, greife nämlich § 307 I BGB. Diese Norm enthält das sogenannte Transparenzgebot: Verwendet z.B. ein Arbeitgeber eine AGB, die den anderen Vertragsteil unangemessen benachteiligt, so ist diese unwirksam. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Klausel nicht klar und verständlich ist.
Hier war nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts die vom Arbeitgeber verwendete formularvertragliche Ausschlussklausel für die Arbeitnehmerin unangemessen benachteiligend und nach § 307 BGB insgesamt unwirksam: Die allgemeine Ausschlussfrist für sämtliche das Arbeitsverhältnis betreffende Ansprüche war unwirksam, da sie ihrem Wortlaut nach halt auch Ansprüche auf Mindesentgelt mit umfasste.
Mit dieser Entscheidung stärkte das Bundesarbeitsgericht die Position der Arbeitnehmer deutlich, indem es klarstellte, dass diese nicht auf den Mindestlohn verzichten könnten und in diesem Zusammenhang formularvertraglich fixierte allgemeine Ausschlussfristen für ungültig erklärte. Dies betreffe nach dem Urteil des BAG dann auch nicht nur die Ansprüche auf Mindestlohn, sondern sämtliche Ansprüche, da die Klausel insgesamt unwirksam sei. Das Urteil erging zwar zum Mindestentgelt in der Pflege; das Mindestlohngesetz (MiLoG) enthält aber ähnliche Regelungen. Es ist also wahrscheinlich, dass das BAG in einem solchen Fall eine ähnliche Entscheidung treffen wird. Fraglich ist aber, ob das Urteil auch für Altverträge gilt (dies vermute ich nicht), oder nur für neuere Verträge ab Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes bzw. der Pflegeverordnung. Ob das Bundesarbeitsgericht einen entsprechenden Hinweis gegeben hat in den Urteilsgründen ist derzeit noch unklar, da bislang nur die Pressemitteilung veröffentlicht wurde.
Quelle:
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 24.08.2016 – 5 AZR 703/15 –
Bundearbeitsgericht, Pressemitteilung Nr. 44/16
Ein Verzicht auf den entstandenen Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 8 ist nur durch gerichtlichen Vergleich zulässig; im Übrigen ist ein Verzicht ausgeschlossen. Die Verwirkung des Anspruchs der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf das Mindestentgelt nach § 8 ist ausgeschlossen. Ausschlussfristen für die Geltendmachung des Anspruchs können ausschließlich in dem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag nach den §§ 4 bis 6 oder dem der Rechtsverordnung nach § 7 zugrunde liegenden Tarifvertrag geregelt werden; die Frist muss mindestens sechs Monate betragen.
Eine Rechtsverordnung nach § 11 steht für die Anwendung der §§ 8 und 9 sowie der Abschnitte 5 und 6 einer Rechtsverordnung nach § 7 gleich.
Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte mit Urteil vom 29.06.2016 über die Frage zu entscheiden, ob der gesetzliche Mindestlohn von zurzeit 8,50 brutto auch für Bereitschaftszeiten zu zahlen sei.
Das Mindestlohngesetz (MiLoG), welches seit Anfang 2015 gilt, sieht gem. § 1 Abs. 2 eine Vergütung in Höhe des gesetzlichen Mindestlohn für alle zu erbrachten Arbeitsstunden zwar zwingend vor, jedoch lässt es offen, ob darunter nur jede in Vollarbeit abgeleistete Arbeitsstunde fällt, oder ob auch die in Bereitschaft verbrachte Zeit von dieser Vergütungsregelung miterfasst ist.
Geklagt hatte ein Rettungsassistent, dessen wöchentliche Arbeitszeit circa 48 Arbeitsstunden umfasste. Von diesen 48 Arbeitsstunden verbrachte er regelmäßig neun Stunden im Bereitschaftsdienst. Der Kläger war der Ansicht, dass die ihm hierfür gezahlte, monatliche Vergütung in Höhe von 2.680,31 € brutto zu gering ausgefallen sei. In diesem Sinne führte er an, dass die tarifliche Vergütungsregelung seit Inkrafttreten des MiLoG außer Kraft gesetzt sei und müssen Bereitschaftszeiten nun je Zeitstunde mit demselben Stundenlohn vergütet werden, wie jede in Vollarbeit abgeleistete Arbeitsstunde.
Das Arbeitsgericht Aachen in erster Instanz, sowie das dann zuständige Landesarbeitsgericht Köln wiesen die Klage ab. Zwar gaben sie dem Kläger dahingehend recht, dass auch durch den Arbeitnehmer wahrgenommene Bereitschaftszeiten mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten seien, jedoch übersteige der gezahlte Bruttomonatslohn auch unter Miteinbeziehung der durch den Kläger im Bereitschaftsdienst abgeleisteten Arbeitsstunden bereits deutlich den Betrag, der ihm bei Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns durch den Arbeitgeber zustünde.
So urteilte letztlich auch das BAG. Es bestätigte die Rechtsansicht des Klägers dahingehend, dass der Arbeitgeber gem. § 1 Abs. 2 des MiLoG jede gearbeitete Zeitstunde – unabhängig davon, ob diese nun in Vollarbeit oder im Bereitschaftsdienst abgeleistet wurde – mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten habe. Allerdings war im hier zu entscheidenden Fall auch das BAG der Ansicht, dass der Arbeitgeber seiner Pflicht, jede gearbeitete Zeitstunde mit dem gesetzlichen Mindestlohn zu vergüten, durch das tatsächlich ausgezahlte Bruttomonatsgehalt bereits nachgekommen sei. Da das hier gezahlte Bruttomonatseinkommen bereits über dem nach dem MiLoG mindestens anzusetzenden Stundensatz lag, stand dem Rettungsassistenten hier jedoch keine Lohnnachzahlung zu.
Durch dieses Urteil hat das BAG also klargestellt, dass der gesetzliche Mindestlohn auch für Bereitschaftszeiten gilt und sorgte damit für mehr Rechtssicherheit. Einem Arbeitnehmer steht der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 € brutto für jede, auch im Bereitschaftsdienst gearbeitete, Zeitstunde umfassend zu.
Quelle: BAG v. 29.06.2016 – 5AZR 716/15 Pressemitteilung Nr. 33/16
Unterliegt eine Forderung einer tariflichen Ausschlussfrist, welche verlangt, dass ein Anspruch gegenüber dem Vertragspartner innerhalb einer bestimmten Frist schriftlich geltend gemacht werden muss, so reicht es nicht aus, wenn der Anspruch innerhalb der Frist eingeklagt wird. Sollte die Zustellung an den jeweiligen Vertragspartner nicht innerhalb der Ausschlussfrist durch das Gericht erfolgen, so greift die Ausschlussfrist ein und der Anspruch verfällt. Entscheidend ist, dass die Klage oder das Anspruchsschreiben innerhalb der geregelten Verfallfrist beim Vertragspartner eingeht. Dies bestätigt das Bundesarbeitsgericht in einer neuen Entscheidung.
Über die Wichtigkeit und Gefährlichkeit von Ausschlussfristen/Verfallfristen hatte ich bereits mehrfach geschrieben. Grundlegende Informationen über Ausschlussfristen finden Sie hier. Das Bundesarbeitsgericht hatte nunmehr einen Fall zu entscheiden, bei dem erneut deutlich wird, wie gefährlich diese Fristen sind.
Im zu entscheidenden Fall hatte ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber eine Entgeltdifferenz für den Monat Juni 2013 eingeklagt. Aufgrund des anwendbaren Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) verfallen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis allerdings, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von sechs Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Der Arbeitnehmer hatte im vorliegenden Fall zwar noch vor dem Ablauf der Ausschlussfrist geklagt, die Zustellung erfolgte jedoch erst im Januar, also zu spät.
Die Vorinstanzen hatten der Klage stattgegeben. Das Bundesarbeitsgericht hat sodann entschieden, dass auf den Zugang beim Anspruchsgegner (also beim Arbeitgeber) abzustellen sei. Zwar sehe § 167 ZPO insbesondere für die Verjährung vor, dass eine rechtzeitige Klageerhebung genüge, sofern die Klage sodann alsbald zugestellt wird. Dies hatte der Kollege, welcher die Lohnklage eingereicht hat, voraussichtlich auch im Sinn. Allerdings ist § 167 ZPO auf den Fall der Einhaltung einer einstufigen tariflichen Verfallfrist nicht anzuwenden, wenn diese lediglich die schriftliche Geltendmachung beim Arbeitgeber/Vertragspartner verlangt.
Verlangt die Ausschlussfrist im Rahmen einer zweistufigen Frist sodann die Klage, sollte der Vertragspartner trotz Aufforderung nicht zahlen, ist dies für diese Form der Geltendmachung anders zu bewerten. § 167 ZPO wäre anwendbar. So war es hier aber nicht. Die Ausschlussfrist verlangte lediglich die schriftliche Geltendmachung beim Arbeitgeber. Die Klage ging zu spät dem Arbeitgeber zu, der Arbeitnehmer konnte sich nicht auf eine Rückwirkung nach § 167 ZPO berufen und die Klage hatte allein aus diesem Grund keinen Erfolg.
Dieses Urteil macht erneut deutlich, wie gefährlich tarifliche Ausschlussfristen für Arbeitnehmer sind. Häufig sind diese Ausschlussfristen meinen Mandanten gar nicht bekannt. Dennoch gilt: Wer zu spät dran ist, verliert seinen Anspruch und damit den Prozess allein aus diesem Grund. Der Arbeitnehmer hätte sich im vorliegenden Fall zunächst schriftlich an den Arbeitgeber wenden müssen. Dies macht bei genauerer Betrachtung auch Sinn. Die Frist verlangt zunächst eine Geltendmachung beim Vertragspartner, eine Klage ist insofern noch gar nicht erforderlich und soll vermieden werden. Erst wenn der Vertragspartner nach der Geltendmachung den Anspruch – den er ja gegebenenfalls einfach übersehen hat – ablehnt, ist die Klage nötig.
Wenn nun dennoch sofort geklagt wird, so trägt der Arbeitnehmer das Risiko, dass das Gericht nicht innerhalb der von der Ausschlussfrist genannten Frist zustellt. Für den Fall, dass dennoch die sofortige Klage beschritten werden soll, empfehle ich diese sodann parallel schriftlich dem Arbeitgeber selber zuzustellen mit der Aufforderung, den eingeklagten Anspruch zu erfüllen. In diesem Fall ist durch dieses Aufforderungsschreiben dann auch die Ausschlussfrist gewahrt, unabhängig davon, wann das Gericht die Klage zustellt.
Lars Kohnen
Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg
Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urt. v. 16.03.2016 – 4 AZR 421/15
Am 28.04.2016 hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg eine sehr interessante Entscheidung getroffen, nach der es für viele Arbeitnehmer leichter werden dürfte, in den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes zu gelangen.
Die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes ist in § 23 KSchG geregelt. Grundsätzlich gilt, dass der jeweilige Arbeitnehmer mindestens 6 Monate im Betrieb beschäftigt sein muss und der Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt (für sogenannte Altarbeitnehmer können mehr als 5 reichen), damit das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist. Insofern werden Teilzeitbeschäftigte je nach ihrer wöchentlichen Arbeitszeit zahlenmäßig allerdings nur mit dem Faktor 0,5, bzw. 0,75 als Arbeitnehmer des Betriebes erfasst.
Falls also streitig ist, wie viele Leute – wie viele Stunden pro Woche – im Betrieb arbeiten, stellt sich die Frage, wer dies denn beweisen muss. Denn hiervon kann häufig abhängen, wie der Prozess ausgeht, wenn der Beweis anschließend nicht erbracht werden kann.
Das Bundesarbeitsgericht hat insofern bereits mit Urteil vom 26.06.2008 (2 AZR 264/07) entschieden, dass die Beweislast hinsichtlich der Anzahl der Beschäftigten grundsätzlich den Arbeitnehmer bzw. die Arbeitnehmerin trifft und dass im Fall der Unergiebigkeit der vom Gericht erhobenen Beweise, wenn also weder fest steht, dass es mehr als 10 Arbeitnehmer sind, noch, dass es nicht mehr als 10 sind, weil man es einfach nicht genau klären konnte, dieses sogenannte „non liquet“ zu Lasten der Arbeitnehmer geht. Das Gericht geht in diesem Fall also (weil der Arbeitnehmer nicht beweisen konnte, dass es mehr als 10 Arbeitnehmer sind) von einem Kleinbetrieb aus, so dass das Kündigungsschutzgesetz nicht anwendbar ist und der Arbeitgeber recht einfach kündigen kann.
Generell gelten im Arbeitsgerichtsprozess die Grundsätze der abgestuften Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitnehmer genügt daher regelmäßig seiner Darlegungslast zunächst durch die bloße Behauptung, der Arbeitgeber beschäftige regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer. Sodann muss der Arbeitgeber sich über die Anzahl der Beschäftigten vollständig erklären und auch die ihm zur Verfügung stehenden Beweismittel benennen. Hierzu muss dann wiederum der Arbeitnehmer Stellung nehmen sowie den Beweis antreten. Erst wenn dies nicht gelingt, geht das non-liquet zu seinen Lasten.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes trifft die Beweislast für die nötige Anzahl der Arbeitnehmer also letzten Endes den Arbeitnehmer.
Im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen einem Arbeitnehmer, der seit 2011 als Vertriebsleiter für die Beklagte, eine Fondsgesellschaft, arbeitete und eben dieser Beklagten hatte das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg zu entscheiden, ob das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bei der Kündigung des Klägers durch die Beklagte zur Anwendung zu gelangen hatte; denn hiervon hing maßgeblich die Wirksamkeit der hilfsweise ausgesprochenen ordentlichen Kündigung ab. Es kam dabei nicht entscheidend auf die reine Anzahl der Arbeitnehmer (diese war unstreitig), sondern vor allem auf die von diesen geleistete Arbeitszeit an.
Im zu entscheidenden Fall beschäftigte die Beklagte zum Zeitpunkt der bzgl. ihrer Wirksamkeit streitigen Kündigung neben dem Kläger weitere acht Arbeitnehmer in Vollzeit, sowie einen mit neun Wochenstunden geringfügig beschäftigten Mitarbeiter an ihrem Betriebsstandort in München. Am Betriebsstandort in Hamburg war zudem eine weitere Mitarbeiterin als Senior-Fondsmanagerin beschäftigt, deren wöchentliche Arbeitsstundenzahl zwischen den Parteien streitig war. Außerdem war für die beiden Betriebsstandorte jeweils ein Geschäftsführer tätig.
Nach Maßgabe von § 23 KSchG war durch das Landesarbeitsgericht zunächst zu beurteilen, ob es sich – wie durch die Beklagte vorgebracht – bei den Betriebsstandorten München und Hamburg um zwei voneinander getrennt zu betrachtende Betriebe handelte. Dies verneinte das Landesarbeitsgericht. Als Maßstab legte es hierfür den arbeitsrechtlichen Betriebsbegriff des Bundesarbeitsgerichts an, nach welchen unter einem Betrieb eine organisatorische Einheit zu verstehen sei, innerhalb derer mit Hilfe von sächlichen und immateriellen Mitteln bestimmte arbeitstechnische Zwecke fortgesetzt verfolgt würden, die sich nicht in der Befriedigung von Eigenbedarf erschöpfen. Zwar besäßen beide Betriebsstandorte eine gewisse Selbstständigkeit, nähmen aber jeweils nur eine Teilfunktion des arbeitstechnischen Zwecks des Gesamtbetriebes wahr. Dementsprechend war die Hamburger Mitarbeiterin der Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer hinzuzurechnen.
Hinsichtlich des sodann zu klärenden, wöchentlichen Stundenumfangs der Beschäftigung der Hamburger Mitarbeiterin brachte der Kläger vor, dass der tatsächliche Umfang der wöchentlichen Arbeitszeit dieser Mitarbeiterin den eines herkömmlichen Vollarbeitsverhältnisses habe.
Hier führte das Landesarbeitsgericht aus, dass zwar im Arbeitsvertrag zunächst nur 15 Wochenstunden vereinbart worden waren, welche später durch Nachtrag auf 18 Wochenstunden aufgestockt worden waren, diese Zahl aufgrund der umfassenden Aufgabenbereiche der Mitarbeiterin wohl aber zu gering angesetzt sei. Jedoch könne die Anzahl der durch die Hamburger Mitarbeiterin tatsächlich abgeleisteten wöchentlichen Arbeitsstunden hier dahinstehen – schließlich liege die Darlegungs- und Beweislast für die Ausnahmevorschrift des § 23 I 2, 4 KSchG bei der Beklagten als Arbeitgeberin.
Dies folge schon aus dem sprachlichen Aufbau von § 23 KSchG. Grundsätzlich gelte hiernach der Kündigungsschutz, und nur in Ausnahmefällen, nämlich bei Unterschreitung des Schwellenwertes, also bei Kleinbetrieben sei dem nicht so. Ferner verdeutliche die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass die Nichtanwendbarkeit des KSchG bei allen Kleinbetrieben auf die Fälle zu beschränken sei, in denen die Benachteiligung der betroffenen Arbeitnehmer sachlich begründet sei, den Ausnahmecharakter der Regelung. Größere Unternehmen, die lediglich über eine Vielzahl von Kleinbetrieben verfügen, sind demnach vom Kündigungsschutz nicht auszunehmen. Für die Beweislastverteilung zu Ungunsten des Arbeitgebers spreche ferner der sogenannte „Sphärengedanke“: Aufgrund der Sachnähe des Arbeitgebers zu den betrieblichen Strukturen, inklusive der jeweiligen Arbeitszeiten der einzelnen Arbeitnehmer, sei ihm die Beweiserbringung hier möglich, während diesbezüglich von einem Arbeitnehmer keine Detailkenntnisse erwartet werden können.
Da die Beklagte hier keinen dahingehenden Beweis erbracht hatte, dass die wöchentlichen Arbeitsstunden tatsächlich so gering ausfielen, dass das Kündigungsschutzgesetz in Ermangelung von mehr als zehn Arbeitnehmern hier nicht zur Anwendung gelangen könne, wendete das Landesarbeitsgericht das Kündigungsschutzgesetz an und erklärte die ausgesprochenen Kündigungen für unwirksam.
Es liegt also nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichtes nicht in der Verantwortung eines gekündigten Arbeitnehmers, die Anzahl der tatsächlich geleisteten Arbeit einer Kollegin/eines Kollegen zu beweisen, um durch die hierdurch erfolgende Überschreitung des Schwellenwertes sodann Kündigungsschutz für sich geltend machen zu können. Vielmehr liege die Darlegungs- und Beweislast insofern beim Arbeitgeber. Kann er den Beweis nicht erbringen und geht das Gericht im Sinne des Arbeitnehmers von einer Überschreitung aus, so besteht für den gekündigten Arbeitnehmer Kündigungsschutz.
Dies widerspricht der bisherigen Annahme gemäß Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, der Arbeitnehmer habe zu beweisen, dass der Schwellenwert überschritten wird, zumindest in Teilen. Ob sich andere Landesarbeitsgerichte und das Bundesarbeitsgericht dieser Rechtsprechung anschließen, bleibt abzuwarten.
Denkbar wäre natürlich auch, dass zukünftig unterschieden wird in Bezug auf die reine Anzahl der Beschäftigten (Beweislast wie bisher gemäß Urteil des Bundesarbeitsgerichtes beim Arbeitnehmer) und die Anzahl der von diesen jeweils geleisteten Stunden (Beweislast entsprechend dem vorgenannten Urteil des Landesarbeitsgerichtes beim Arbeitgeber). Dies erscheint auch sachgerecht, da der Arbeitgeber insofern einen immensen Wissensvorsprung hat, was die Anzahl der geleisteten Stunden angeht.
Quelle: Urteil des LArbG Berlin-Brandenburg v. 28.04.2016, 10 Sa 887/15 10 Sa 2231/15, 10 Sa 887/15, 10 Sa 2231/1
Mit Urteil vom 19.11.2015 entschied das Bundesarbeitsgericht einen Rechtsstreit zwischen dem während der Probezeit seines Ausbildungsverhältnisses gekündigten Kläger und seiner ehemaligen Arbeitgeberin als Beklagter über die Wirksamkeit der erfolgten Kündigung dahingehend, dass die Probezeit eines vorausgegangenen Praktikums auf die Probezeit im Berufsausbildungsverhältnis nicht anrechenbar sei. Demnach sei das Ausbildungsverhältnis hier wirksam gekündigt worden.
Der Kläger hatte bereits vor Antritt der Berufsausbildung zwecks Überbrückung der Zeit bis zum Ausbildungsbeginn bei der Beklagten ein über dreimonatiges Praktikum absolviert. Für dieses Praktikum war eine Probezeit von zwei Monaten vereinbart. Nach Beendigung des Praktikums nahm der Kläger wie vorgesehen die Ausbildung bei der Beklagten auf. Für die Ausbildung wurde eine Probezeit von drei Monaten vereinbart. Im dritten Monat der Probezeit kündigte die Beklagte das zwischen ihr und dem Kläger bestehende Ausbildungsverhältnis jedoch fristlos.
Ausbildungsverhältnisse können gem. § 22 I Berufsbildungsgesetz (BBiG) während der Probezeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Der Kläger war jedoch der Meinung, dass das vorangegangene Praktikum auf die für das Ausbildungsverhältnis vereinbarte Probezeit angerechnet werden müsse. Nach seinem Vorbringen wäre die Probezeit zum Zeitpunkt der Kündigung also bereits abgelaufen gewesen, die Kündigung hätte nicht mehr nach § 22 I BBiG erfolgen können, sondern nur noch nach § 22 II BBiG. Hiernach kann das Ausbildungsverhältnis nach der Probezeit nur fristlos aus wichtigem Grunde gekündigt werden oder aber vom Auszubildenden mit einer Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn er die Berufsausbildung aufgibt oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden lassen will. Eine Kündigung ohne wichtigen Grund ist für den Ausbilder also nicht mehr möglich.
In diesem Sinne führte der gekündigte Auszubildende aus, dass das Praktikum im Zusammenhang mit dem bereits zugesagten Ausbildungsbeginn durchgeführt worden wäre und die Beklagte bereits während des Praktikums mit der Vermittlung von Ausbildungsinhalten begonnen habe. So habe die Beklagte sich bereits während des Praktikums ein vollständiges Bild über ihn machen können. Die Vereinbarung einer weiteren Probezeit benachteilige ihn unangemessen, da so eine faktische Probezeit von beinahe acht Monaten vorläge. Dies liefe dem Sinn und Zweck der gesetzlich vorgesehen Probezeit zuwider und sei auch nicht mit den Grundsätzen von Treu und Glauben vereinbar.
Das Bundesarbeitsgericht verneinte die Anrechenbarkeit des Praktikums mit dem Hinweis darauf, dass das Berufsausbildungsverhältnis gem. § 20 1 BBiG mit der Probezeit beginnt, eine Anrechnung von Zeiten in denen zwischen Ausbilder und Auszubildendem ein anderes Vertragsverhältnis bestand, sei gesetzlich nicht vorgesehen.
Die gesetzlich vorgeschriebene Probezeit erfülle vielmehr die Funktion, sowohl dem Ausbilder, als auch dem Auszubildendem ausreichend Gelegenheit zur Prüfung einzuräumen, ob der Auszubildende für den Beruf geeignet ist, bzw. der Beruf den Vorstellungen des Auszubildenden entspricht. Da die Probezeit mithin auch im Interesse des Auszubildenden gesetzlich vorgesehen sei, wäre die Vereinbarung einer Reduzierung oder eines Entfalls dieser gem. § 25 BBiG nichtig. Nach dieser Norm sind Vereinbarungen zuungunsten des Auszubildenden nichtig.
Ferner sei eine solche Prüfung nur möglich, wenn das Ausbildungsverhältnis mit seinen spezifischen Pflichten bereits besteht. Allenfalls bei einem derart engen sachlichen Zusammenhang zwischen vorangegangenem Vertrags- und Ausbildungsverhältnis, dass es sich sachlich um ein Berufsausbildungsverhältnis handele, ermögliche die Norm eine Anrechnung. Ein solcher Fall liege im zu entscheidenden Fall indes nicht vor.
Während im Berufsausbildungsverhältnis der Auszubildende keine Arbeitsleistung gegen Entgelt schuldet, sondern sich zu bemühen hat die zum Erreichen des Ausbildungsziels erforderliche berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben, ist dies bei einem Praktikum nicht der Fall. Das Praktikum ist von vorübergehender Natur. Der Praktikant soll sich die zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen aneignen. Aufgrund der unterschiedlichen Zwecksetzung von Ausbildungsverhältnis und Praktikum sei der hier womöglich bestehende innere Zusammenhang beider Verträge nicht von Bedeutung.
Dasselbe würde auch für den Fall gelten, dass kein Praktikum, sondern ein Arbeitsvertrag dem Ausbildungsvertrag vorangegangen wäre. Bei einem Arbeitsvertrag schuldet der Arbeitnehmer nämlich gem. § 611 BGB die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung gegen Zahlung eines Entgelts. Auch hier sei die vertraglichen Pflichtenbindungen also so unterschiedlich, dass die Probezeit des einen Vertrages nicht auf die Probezeit des anderen Vertrages angerechnet werden könne.
Da die in verschiedenen Verträgen jeweils vereinbarten Probezeiten unterschiedliche Zwecke verfolgen, ist eine Anrechnung der gesetzlichen Probezeiten des einen Vertrages auf diejenigen Berufsausbildungsverhältnisses ausgeschlossen.
Quelle: BAG, Urteil vom 19.11.2015 – 6 AZR 844/14
Rechtsanwälte Lars Kohnen und Miguel Krag
Kohnen & Krag Rechtsanwälte