In der heutigen Zeit steigt die Scheidungsrate von Jahr zu Jahr. Waren es früher religiöse Gründe oder das Ansehen in der Gemeinschaft, die zu einem Festhalten an der Ehe auch bei widrigen Umständen führten, trennen sich Partner heutzutage schneller voneinander, wenn das gemeinsame Leben nicht mehr funktioniert.
Neben der großen Verantwortung, die eine solche Entscheidung für beteiligte Kinder mit sich bringt, sind in einem solchen Fall aber auch Vermögens- Renten- und Unterhaltsfragen zu klären.
Die seit dem 1.1.2008 in Kraft getretene Unterhaltsrechtsreform hat mich dazu geführt, die Ehescheidung und die daraus resultierenden Folgen zu einem Thema in unserer Portugal Post zu machen. Bei Ehescheidungen portugiesischer Staatsbürger, von denen zumindest ein Partner in Deutschland lebt, stellen sich schon in Bezug auf die bloße Scheidung zahlreiche Fragen, die ich im ersten Teil meiner neuen Serie behandeln möchte. Zunächst ist wichtig zu wissen, ob die Scheidung in Deutschland durchgeführt werden kann. Sind beide Ehepartner in Deutschland wohnhaft, kann eine Scheidung auch immer in Deutschland vor Gericht anhängig gemacht werden. Wohnt der Antragssteller in Deutschland und der Ehepartner in Portugal, ist dies eine Frage des Einzelfalls, deren Beantwortung vor allem von der Dauer und dem Zeitraum des Aufenthalts der Partner in dem jeweiligen Land abhängt.
Ist das Scheidungsverfahren vor einem deutschen Gericht anhängig, ist als nächstes zu klären, ob für die Scheidung portugiesisches oder deutsches Recht anwendbar ist. Dies spielt schon vor dem Hintergrund der jeweils erforderlichen Trennungszeit eine entscheidende Rolle.
Portugiesisches Recht ist zunächst immer dann anwendbar, wenn beide Ehepartner Portugiesen sind. Handelt es sich um eine gemischte Ehe – zum Beispiel zwischen einem Portugiesen und einer Deutschen oder einer Portugiesin und einem Spanier – ist das Recht des Staates anzuwenden, in dem beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Leben beide also zu dieser Zeit in Deutschland, wäre für sie deutsches Recht anwendbar. Wohnen beide Ehepartner in verschiedenen Ländern, ist der Aufenthaltsort, den sie während der Ehe zuletzt hatten, entscheidend, wenn einer von ihnen seinen Aufenthaltsort dort noch hat.
Ist die Scheidung nach deutschen Recht zu beurteilen, so muss die Ehe zerrüttet sein, um eine Scheidung vornehmen zu können. Dies wird vermutet, wenn das Ehepaar ein Jahr getrennt gelebt hat. Unter Trennung versteht man dabei entweder den Umzug eines Partners in eine andere Wohnung oder die Trennung von Tisch und Bett. Ist portugiesisches Recht für die Scheidung anwendbar, wird zwischen der einvernehmlichen und der streitigen Scheidung unterschieden. Eine einvernehmliche Scheidung ist auch ohne Trennungszeit möglich, wenn sich die Ehepartner hinsichtlich des nachehelichen Unterhalts, der Ehewohnung und des Sorgerechts für die Kinder vor Gericht einigen. Besteht über diese Punkte keine Einigkeit oder will einer der Ehepartner nicht geschieden werden, ist eine Scheidung auch nach portugiesischem Recht nur dann möglich, wenn die Ehe zerrüttet ist. Dies wird nach Artikel 1781 Código Civil unter anderem dann angenommen, wenn die tatsächliche Trennung seit drei Jahren ununterbrochen bestanden hat. Ein Jahr Trennungszeit reicht aus, wenn die tatsächliche Trennung seit einem Jahr bestanden hat und die Scheidung von einem Ehegatten ohne Widerspruch des Anderen beantragt wird.
Ist eine solche Trennungszeit nicht gegeben, wird von einer Zerrüttung der Ehe ausgegangen, wenn ein Ehepartner schuldhaft die ehelichen Pflichten besonders stark verletzt.